Freitag, 15. November 2024

Über das Existenzrecht Israels

 Die Einsicht

Dialogische Mitteilungen aus Wittenberg Nr. 55 aus 24 vom 11.10.2024

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Der Nah-Ost-Experte Michael Lüders, vertritt in seinem neuen Buch, „Krieg ohne Ende“, die Auffassung, dass es in Deutschland strafbar sei, Israel das Existenzrecht abzusprechen. Wörtlich: „Schon Parolen waren strafbewehrt, weil sie angeblich Israel das, wie es heißt, Existenzrecht absprechen1 .“ Darüber sprach die Einsicht mit Herr Dr. Rettler.

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DieEinsicht: Herr Rettler, macht man sich strafbar, wenn man in Deutschland das Existenzrecht Israels in Frage stellt?

HerrRettler: Ich bin ein entschiedener Gegner von Judenhass und Judenfeindlichkeit. Ich bin ein Befürworter der Entfernung des Judensau genannten Schandmahls von der Wittenberger Stadtkirche. Dieses unsäglichen Ausdrucks bediene ich mich hier nur aus Gründen der Eindeutigkeit. Es hätte an der ach so demokratischen Presse gelegen, sich hier ein Wort auszudenken, was die Juden nicht beleidigt.

DieEinsicht: Wie stehen Sie zum Staat Israel?

HerrRettler: Da habe ich viel zu kritisieren.

DieEinsicht: Dann sind Sie ja doch Antisemit, denn Antiisraelitismus ist Antisemitismus. 1 Lüders, Seite 13

HerrRettler: Wenn jede Kritik an Israel Antisemitismus ist, dann gilt das auch, wenn die Kritik berechtigt ist. Das wiederum bedeutet, dass Kritik an Israel nie berechtigt ist und sein kann. Das läuft auf Mamas Hausordnung hinaus: § 1 Mama hat immer Recht. § 2 Wenn Mama nicht Recht hat, gilt § 1.

DieEinsicht: Wenn Sie im Folgenden über das Existenzrecht Israels sprechen, könnten Sie sich damit nicht strafbar machen?

HerrRettler: Das würde dann umgekehrt auch für Sie als Mittäter gelten.

DieEinsicht: Sie machen uns Angst. HerrRettler: Ich glaube, ich kann sie beruhigen. Ich habe keine Strafvorschrift gefunden, nach der eine sachliche Erörterung des Existenzrechts Israels strafbar sein könnte. Aber man weiß nie, wozu Juristen fähig sein können. Dann will ich mal anfangen. Die Juden leiten das Existenzrecht Israels aus dem Alten Testament ab. Im Buch Genesis, 15, Verse 18 ff. steht folgendes: „An diesem Tag schloss der Herr mit Abraham folgenden Bund: Deinen Nachkommen gebe ich dieses Land vom Grenzbach Ägyptens bis zum großen Strom, dem Eufrat...“ Es folgt eine Aufzählung von 11 Völkern, die heute kaum einer mehr kennt. Ich nehme an, dass das so definierte Gebiet das Land Israels einschließlich der besetzten Gebiete bei weitem übersteigt. So gesehen sind die Eroberungsbestrebungen Israels verständlich.

DieEinsicht: Was halten Sie davon, das Existenzrecht Israels auf das Alte Testament zu stützen.

HerrRettler: Garnichts. Das Alte Testament ist Menschenwerk und strotzt nur so von grauenhaften Geschichten. Gebietsansprüche darauf zu stützen, ist abwegig.

DieEinsicht: Welche weiteren Aspekte sind zu berücksichtigen?

HerrRettler: Ende des 19. Jahrhunderts begann die zionistische Bewegung mit der Planung des israelitischen Staates. Juden in aller Welt wurden aufgefordert, sich in Israel anzusiedeln und Land zu kaufen. Im Jahre 1947 nahm eine Zweidrittelmehrheit der Generalversammlung der UNO den Teilungsplan für Palästina zur Gründung zweier unabhängiger (palästinensischer und jüdischer) Staaten an. Die israelische Unabhängigkeitserklärung folgte am 14.5.1948.

DieEinsicht: Also bejahen Sie das Existenzrecht Israels.

HerrRettler: Das ist richtig, es umfasst aber nicht die besetzten Gebiete. 2 Schnapp, Logik für Juristen, 7. Auflage, Seite 93 Ich muss aber noch auf einen mittelbar mit dem Existenzrecht Israels zusammenhängenden Umstand eingehen.

DieEinsicht: Dann tun Sie das.

HerrRettler: Der Philosoph Günter Pohl sagte, „Israels staatlicher Platz ist durch die Shoa begründet und ebenso gerechtfertigt wie ein palästinensischer Staat...“

DieEinsicht: Was meinte er damit?

HerrRettler: Er meinte wohl Ursächlichkeit und rechtliche Begründetheit. Was die Ursächlichkeit angeht, so könnte er recht haben. Vielleicht war die Shoa in der Tat das Motiv für den Teilungsplan der UNO. Wenn es aber so gewesen wäre, wäre es ein fehlerhaftes Motiv gewesen, weil die Shoa kein zureichender Grund dafür gewesen wäre, den Palästinensern Land wegzunehmen. Der Satz vom zureichenden Grunde zählt zu den vier obersten Gesetzen der Logik2 . Es wäre besser gewesen, den Juden einen Teil von Deutschland zuzuweisen, weil Deutschland für die Shoa verantwortlich war. Auf die Wirksamkeit der Staatsgründung hätte aber dieses falsche Motiv wohl keine Auswirkungen. Zu berücksichtigen wäre auch das Prinzip der normativen Kraft des Faktischen. Inwiefern die Shoa den staatlichen Platz Israels rechtlich begründet haben könnte, vermag ich nicht nachzuvollziehen.

DieEinsicht: HerrRettler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch

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