Samstag, 16. März 2024

Über historischen Materialismus

Dialogische Mitteilungen aus Wittenberg Nr. 14 aus 24 vom 16.3.2024

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Kürzlich brachte St. Messerschmidt auf Facebook ein Zitat von Marx aus Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort, MEW 13, 9. Es handelt sich um einen bedeutenden Text, der weitreichende Schlussfolgerungen zulassen könnte. Die Einsicht sprach darüber mit Herrn Rettler.

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Die Einsicht: Herr Rettler, diese Einsicht ist mit „Über historischen Materialismus“ überschrieben. Können Sie zunächst erklären, was historischer Materialismus bedeutet.

Herr Rettler: Für mich ist historischer Materialismus die Anwendung des dialektischen Materialismus auf die Geschichte.

Die Einsicht: Da stellt sich die Frage, was dialektischer Materialismus ist.

Herr Rettler: Das würde im Rahmen dieser Einsicht zu weit führen. Lassen Sie mich Marx aus MEW 13, 9 zitieren.

„Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind.“ 

Die Einsicht: Was sind Produktivkräfte und was sind Produktionsverhältnisse:

Herr Rettler: Zu den Produktivkräften gehören alle subjektiven und gegenständlichen Faktoren des Produktionsprozesses, z.B. die Menschen und die Produktionsmittel. Zu den Produktionsverhältnissen sind Verhältnisse zwischen den Menschen im Prozess der Produktion.

Die Einsicht: Dann spricht man also von kapitalistischen Produktionsverhältnissen, weil es um die Verhältnisse zwischen den Menschen im Prozess der Produktion geht, nicht aber von kapitalistischen Produktivkräften.

Herr Rettler: Genau.

Die Einsicht: Warum ist nun das Marx-Zitat aus 13, 9 so wichtig. 

Herr Rettler: Wenn man die Geschichte des Sozialismus betrachtet, so ist dies auch eine Geschichte von Niederlagen. Dies mit Verrat oder Dummheit zu erklären, erscheint zu kurz gegriffen. Wenn man sich den Text von Marx vor Augen hält, dann stellt sich die Frage, ob die Verhältnisse nicht reif genug für den Sozialismus waren. In diesem Sinne könnte man Lenins NÖP (Neue Ökonomische Politik) interpretieren. Eine ähnliche Interpretation bietet sich bezüglich der Wirtschaftspolitik Chinas an, die die kapitalistische Wirtschaft unter Macht der Partei instrumentalisiert.

Die Einsicht: Herr Rettler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.



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